Die Angst um die weitere Existenz der deutschen Innenstädte geht um. Ein erster Blick auf die Besucherdaten der letzten Monate scheint dies zu bestärken. Aber ist diese Angst begründet? Bedingt! Es wird Zeit sich aus dieser Schreckensstarre zu lösen und den Blick nach vorne zu richten. Unser Motto lautet: MITeinanderWirken – mit Dynamik aus der Pandemie.

Corona entleert die Innenstadt

Die Dynamik lag lange Zeit eher auf der Seite des Virus. Für den Einzelhandel hat dies 2020 lt. HDE-Mitglieder-Befragung einen Besucherrückgang von durchschnittlich minus 43 % gegenüber dem Vorjahr gebracht. Dieser Wert setzt sich auch 2021 fort, wie unsere Berechnungen zeigen (s. Abb. unten; Stand KW 27). Auch 2021, trotz Wiedereröffnungen bleibt der Rückgang gegenüber dem Non-Cov-Jahr 2019 bei -42 % im Durchschnitt. Die Zahlen zeigen auch, dass es trotz geringeren Infektionswerten nicht gelingt, die Besucher in alter Stärke wie 2019 in die Innenstadt zu bringen. Es bleibt bei einem 25-30-prozentigen Rückgang auch in „entspannteren“ Zeiten.

Insgesamt setzte der Einzelhandel in Deutschland 2020 lt. HDE rund 577 Milliarden Euro um. Das sind 5,7 % mehr als 2019. Der stationäre Einzelhandel konnte sich beim Umsatz um 3,9 % in diesem Zeitraum verbessern. Der Zuwachs schlug sich vor allem im Online-Handel nieder, der um 20,7 % den Umsatz steigern konnte. Die Entwicklungen sind natürlich sortimentsspezifisch sehr unterschiedlich. Im Gastgewerbe ist der Umsatz lt. DEHOGA insgesamt 2020 gegenüber 2019  um 39% gesunken, Dies traf vor allem das Beherbergungsgewerbe (-46 %) und das Gaststättengewerbe (-35 %).

Anm. zur Abbildung: Quellen https://crosscan.com/besucherfrequenz-index; https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/gegen-corona-pandemie-1747714; eigene Berechnungen

Die Entfremdung von der Innenstadt

Dies alles führt zur Entleerung der Citys und stärkt die zunehmende Entfremdung von der Innenstadt. Zum immer weiter voranschreitenden Funktionsverlust durch Zuwächse der Handelsflächen an den Stadträndern oder dem wachstumsstarken Internethandel, kommen nun weitere Entleerungseffekte hinzu, wie Homeoffice oder dem neuen Stichwort „Corcooning“, dem durch Corona zunehmenden Cocooning-Effekt.

Zurück in die Köpfe der Menschen

Wie kann dieser Entwicklung Einhalt geboten werden? Dies gelingt nur durch konsequentes Umdenken und gemeinsames Handeln. Umdenken heißt, sich von der Vorstellung der Innenstadt als klassische Einkaufstadt zu lösen. Die Rettung der Innenstadt ist nicht gleichzusetzen mit der alleinigen Rettung des Einzelhandels. Denn, ganz ehrlich, nicht jeder Dinosaurier des Einzelhandels und nicht jede tausendste Dublette der konformen Anbieter ist überlebenswichtig. Es geht darum die Innenstadt wieder in die Köpfe der Menschen und die Menschen wieder in ihre Innenstadt zu bringen. Ein möglicher Weg kann sich an der „4-P-Formel“ orientieren:

Profil gestalten

Viele Städte sind immer gesichtsloser geworden. Die fängt bereits bei den Internetauftritten der Städte an, die vielfach kompliziert, trocken und schwer zu händeln sind. Den Kommunen gelingt es selten, sich ein eigenes Profil zu geben, den Menschen zu signalisieren, warum sie in einer außergewöhnlichen, besonderen Stadt leben und sie ein wichtiges Element dieser Stadt sind. Das ist keineswegs nur eine Marketingleistung. Es geht vor allem auch um die Ausgestaltung der Innenstadt, das Erleben dieses Profils, die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt, es geht um Entdeckung von Funktionen, wie die „benutzbare Stadt“ oder die „essbare Stadt“. Das heißt die städtebauliche Ausgestaltung der Innenstadt zur „Wasserlandschaft“ zur „Klimaoase“ zur „Spielstadt“ für Kinder/Familien, zum „Kaffeehaus“ nicht nur für Senioren, zum „Genuss- und Urlaubsort“ um die Ecke. Wenn dies alles noch zusätzlich unter einem pfiffigen Slogan stünde, dann wäre es perfekt.

Persönlichkeit zeigen

Die einst eherne Formel „Filialisten sind das Rückgrat der Innenstadt“ gehört im Zeitalter des Internethandels der Geschichte an. Unsere Innenstädte werden durch Profile (s.o.) und durch Persönlichkeiten ein neues Gesicht bekommen müssen. Dabei sind es Produkte, Genüsse und Dienstleistungen, die individuelle Beratung benötigen: also nichts von der Stange, so sagte man früher, heute heißt das aus dem Internet. Menschen mit Persönlichkeit, mit Dienstleistungsblut und Gespür für den Menschen gegenüber, verwandeln den „kalten, funktionalen Akt“ des Einkaufens zum Erlebnis. Die besondere Art der Nähe, des Willkommenseins, verführt zum Wiederkommen, so entsteht auf beiden Seiten das angenehme, nachhaltige Gefühl „Das ist mein Geschäft“.

Präsent sein

Wenn dann alle stolz sind, ein wichtiger Bestandteil der Innenstadt zu sein, dann dürfen, sollten sie dies auch zeigen, indem Sie bei der Ladengestaltung, das Internet und die Social-Media-Kanäle dazu nutzen, ein „Hallo Welt“, schaut das sind wir, das haben wir und das macht uns aus, hinauszurufen.

Partnerschaft leben

Dies gelingt alles nur, wie eingangs bereits betont, durch gemeinsames Handeln. Es bedarf einer konsequenten partnerschaftlichen Zusammenarbeit aller Akteure, aller Menschen, denen ihre Innenstadt am Herzen liegt. Dies schließt Politik, Verwaltung, Bürger und Gewerbe ein. Das ist sicher die größte Herausforderung, denn dazu braucht es Mut, Kommunikationsfähigkeit, Entscheidungswillen und Umsetzungskraft. Das kann gelingen, sehen sich einfach mal in anderen Orten um, denn …

… Nur so können wir mit Dynamik aus der Pandemie kommen. Freuen Sie sich mit uns auf eine ganz neue Innenstadt.