Eine Einkaufsstraße 400 Meter lang, täglich tausende Fahrzeuge, 1.100 Parkplätze in der Kernstadt, hunderte in fußläufiger Erreichbarkeit, Gehsteigbreite vielfach unter 2 Meter. Die Fußgänger drängen sich aneinander vorbei. Viele Händler können keine Außenwerbung aufstellen. Die Begegnung von Kinderwagen und Rollator wird zum Problem. Die Stadtverwaltung wollte dem nicht länger tatenlos zusehen. Die Idee: Mit der temporären Umnutzung einiger weniger Längsparkplätze entlang der Straße neuen Raum für Fußgänger schaffen! Dabei werden vereinzelt Parkplätze, in diesem Fall zum Test, mit gehsteighohen Holzbühnen versehen und mit einer Holzumfassung vom Verkehr geschützt. Das kostet zunächst 4 Parkplätze, der Gewinn für die Besucher der Innenstadt ist dagegen enorm.  Auf den ersten Blick eine wirklich gute Idee, oder? Die Stadt hat die Idee beim hessischen Wettbewerb „Ab in die Mitte – die Innenstadtoffensive“ eingereicht und konnte damit die Jury überzeugen und als einer der 15 Landessieger stolz von der Preisverleihung heimfahren. Der großen Freude folgte bald der Ärger. Zunächst erzeugte die Meldung des Gewinnes eine Protestwelle einer Facebookgruppe in der Stadt. Die Stadtverwaltung wurde auf das Übelste beschimpft.

Dabei hat die Stadt Rotenburg an der Fulda alles richtig gemacht. Übergeordnete Genehmigungsbehörden, wie z.B. Hessen Mobil wurden gehört und das Vorhaben zunächst nicht beanstandet. Im nächsten Schritt beteiligte die Stadt die Geschäftstreibenden in der Straße um den besten Platz zu finden, Bürger wurden befragt, welche Nutzungen diese neuen „ParkPlätze“ beherbergen sollten. So war man sich einig, dass zum einen der Vorplatz eines Eiscafés damit „erweitert“ werden sollte und die 2.Fläche mit einer „Verweilbank“ zum Ausruhen älterer Menschen und ein paar Fahrradständer angebracht werden sollte. So wurde es umgesetzt. Rotenburg an der Fulda ist eine fachwerkreiche Stadt und gefühlt „alles“ irgendwie unter Denkmalschutz stehend. Deshalb fand die Stadt die Idee gut, die Abgrenzungen der Flächen mit den alten Stützbalken eines Abrisses aus einer Nachbarstadt zu gestalten.  Gesagt, getan, alles gut? Von wegen, kaum war alles fertig, folgten die öffentlichen Einwände. Zunächst verlangte die Denkmalschutzbehörde den Abriss der beiden ParkPlätze. Begründung: Das Parklet lenke zu sehr vom Fachwerk der Häuser ab. Den Abriss konnte die Stadt verhindern, nachdem die temporäre Nutzung der Parkplätze zugesichert wurde. Kaum schien alles befriedet, meldete sich plötzlich die Verkehrsbehörde, die sich vorher mündlich und schriftlich geäußert hatte dafür nicht zuständig zu sein und bemängelte die mögliche Verkehrsgefährdung durch die beiden Parklets. Daraufhin mussten Warnbaken aufgestellt werden. Das ganze wurde fleißig mit Facebook-posts der anfänglich genannten Gruppe in beleidigender Weise kommentiert. Eine Kommunikation mit diesen Menschen war nicht möglich, da Erklärungen nicht akzeptiert und gehört wurden. Beim Beteiligungsprozess war davon keiner dabei. Es wurde einfach weitergemeckert, sagt die Stadtverwaltung. Viele Bürger sind aber begeistert. Im Herbst werden die beiden Parklets wieder abgebaut und am Wohnmobilstellplatz de Stadt wieder aufgebaut.

Diese Geschichte haben wir uns als Jury bei unserer Bereisung der Preisträger 2019 mit Erstaunen angehört und haben die beiden ParkPlätze selbst bestaunt und in „Besitz genommen. Wir haben uns ausgeruht, vor dem Eiscafé gesessen, eine Waffel gegessen und in dem Bücherregal gestöbert, dass das benachbarte Buchgeschäft im Parklet integriert hat. Es war fantastisch und der laute Verkehr hat uns gar nicht mehr so gestört. Wir waren sehr zufrieden, dass wir die Stadt mit diesem Projekt als eines der Landessieger ausgezeichnet haben. Es ist vorbildlich und sollte in vielen anderen Städten kopiert werden. Angesichts des Erfolges wird die Stadt in ihrem Stadtumbauprozess dieses Konzept weiter verfolgen.  Und die Social-Media-Kritiker? Kein Kommtar!