Stadt und Handel bilden seit Jahrhunderten eine Art Symbiose. Dabei war der Handel oft der Treiber zur Gründung und Blüte einer Stadt. Der Handel bedeutet auch heute noch für die Stadt Leben, Kommunikation, Arbeit und Versorgung. Eine Stadt ohne Handel ist deshalb für viele sehr schwer vorstellbar. Dabei war Handel noch nie ein statisches Element, sondern immer von Veränderungen der Vertriebsformen und der Kundenwünsche getrieben. Letztlich lebte der Handel schon immer von der Kreativität jener Kaufleute, die die Bedürfnisse der Kunden am besten verstanden und dies zu nutzen wussten.

Dieser Kreativität wurde nicht nur durch normative Eingriffe zum Schutz der Innenstädte Grenzen gesetzt. Oft scheiterte die Umsetzung kreativer Ideen aber auch an materiellen und technischen Mitteln. Der Versuch der Gesetzgeber den innerstädtischen Handel zu schützen gelang bis heute weitgehend, wird nun aber durch technische Entwicklungen in einen neuen Raum verlagert: in die virtuelle, digitale Welt. Damit kommen auf den stationären Handel neue Herausforderungen zu, die aber auch Chancen bieten. Wie auch in der Vergangenheit braucht es deshalb kreative und mutige Ideen.

 

Handelsexperten sehen hier verschiedene Lösungsansätze:

  1. Der Stationäre Handel muss sich den Möglichkeiten der Digitalisierung öffnen. Den bewährten „analogen“ Marketing-Instrumenten muss der moderne Multi-Media-Einsatz zur Seite gestellt werden. Dabei ist zu bedenken, dass sich viele Händler den technischen und finanziellen Anforderungen nicht gewachsen fühlen. Vereinzelt finden sie einen Einstieg über Facebook und Google business. Hier sind weitere kreative Ideen gefragt, wie mit einfachen und kostenarmen Mitteln vergleichsweise viel erreicht werden kann.

 

  1. Der Internethandel ist omnipräsent. Das Angebot an Waren wird online transparent, preislich vergleichbar und immer schneller verfügbar. Ein Teil der Händler stellt sich dieser Transparenz, eröffnet selbst Web-Shops und erweitert damit das eigene Marktgebiet und erschließt neue Potenziale. Der Aspekt der Verbesserung der örtlichen Präsenz, der Auffindbarkeit und die Gewinnung von Aufmerksamkeit, wird vielfach vernachlässigt. Fragen wie: Was gibt es wo vor Ort und wann kann ich es kaufen, werden vom örtlichen Handel nicht konsequent aufgegriffen. Vereinzelt gibt es Versuche dies durch gemeinsame Angebots- und Präsenz-Plattformen zu verbessern. Aber Pflegeaufwand und Komplexität dieser Versuche schmälern den Erfolg dieser Initiativen. Auch hier sind neue Lösungen gefragt, die das Angebot der Innenstädte spannend gestalten und für beide Seiten (Anbieter und Konsumenten) auf einfache Weise zueinander bringen.

 

  1. Noch kann das Internet nur 2 der 5 menschlichen Sinne befriedigen. Riechen, spüren und schmecken kann man aktuell nur in der „analogen Welt“. Dieser enorme Vorteil wird im stationären Handel viel zu wenig ausgenutzt. Dieser Wahrnehmungsprozess bietet eine Fülle von Möglichkeiten, Kunden in den Laden zu führen, sie zu begeistern und in der Erinnerung daran, davon zu erzählen und mit Freude und Spannung dem nächsten Besuch entgegen sehen zu können.

 

  1. „Big Data“ ist das moderne Schlüsselwort um die Kunden und deren Wünsche zu erforschen und damit, insbesondere digital, auf zielgruppennahe Artikel und Angebote aufmerksam zu machen. Zunächst bedarf es beim Kunden zumindest Neugierde, aber vor allem Vertrauen, damit persönliche Daten weitergegeben werden. Die Form der Datenrekrutierung, der Umgang mit diesen Daten und das Interesse am Produkt entscheiden die Dauer der Beziehung. Persönliche Kundenansprache ist im stationären Handel mehr, als nur den Kunden beim Namen nennen zu können. Es geht darum dem Kunden zu vermitteln, etwas ganz Besonderes, für diesen Moment des Einkaufs das Wichtigste auf der Welt zu sein: Abstand vom Alltag bekommen. Der Weg zur seelischen und auch körperlichen Regeneration beim Einkauf ist noch nicht gefunden.

 

  1. Wenn es gelingt dem Kunden zu vermitteln, ganz besonders zu sein, dann liebt er es auf dem o.g. Weg auch von einer besonderen Person begleitet zu werden: Persönlichkeiten schätzen Persönlichkeiten. Diese Beziehung kann im stationären Handel weit persönlicher sein, da der Faktor gespürte Sympathie hinzukommt. Auf der Basis von Beratungskompetenz entsteht Vertrauen. Damit aus dem „Verkäufer“/ der Verkäuferin eine sympathische Persönlichkeit entsteht, müssen auch diese Personen Aufmerksamkeit, Wertschätzung und Förderung ihres Betriebes bekommen. Auch hier ist Kreativität gefragt.

 

  1. In einer zunehmend komplexen und global agierenden Handelswelt nimmt die Verunsicherung des Kunden zu Produktherkunft, Qualität und Herstellung der Waren einen großen Raum ein. Mit dem Siegel „Aus der Region“ oder „Bio“ verbinden vielen Verbraucher per se mehr Sicherheit zu Fragen der Qualität, Herkunft und umweltschonenden Transport. Um das Vertrauen der Verbraucher zu gewinnen, braucht es mehr Belege der Einhaltung dieses vermeintlichen Versprechens. Gerade hier könnten die neuen Medien kreativ eingesetzt werden. Hier braucht es persönliche Erfahrungen.

 

  1. Innenstädte werden durch Filialisten immer uniformer. Produkte werden immer austauschbarer und verlieren ihre nachhaltige Wertigkeit. Umso bedeutsamer wird das Angebot des Unikats, des knappen Gutes, der besonderen Marke. Hier bekommt das Handwerk, die regionale Herstellung, die umweltschonende Produktion eine neue Bedeutung. Damit kann es gelingen interessante, kaufkraftstarke Zielgruppen zu gewinnen. Auch kleinere Betriebe können damit ihre Nischen finden und erfolgreich sein. Dies setzt ein außergewöhnliches Produkt und ein stimmiges Vermarktungskonzept voraus. Die Herausforderung ist, auch gewöhnliche Produkte außergewöhnlich zu gestalten und die Kreativität zu besitzen, diese ansprechend in einen Vertriebskanal zu bringen, die die gewünschte Zielgruppe elektrisiert.

 

  1. In dieser sicher nicht vollständigen Strategieliste darf zuletzt das Thema Erlebniswelten nicht fehlen. Maßgeblich für eine faszinierende Erlebniswelt ist die Förderung von Emotionen, die möglichst lange und positiv beim Kunden in Erinnerung bleiben. Ein ganzes Ladengeschäft in eine Erlebniswelt zu verwandeln ist schwierig und dazu kosten- oder personalintensiv. Auch die dauerhafte gleiche Darstellung ist auf Dauer nicht erfolgreich, da der Kunde die Abwechslung sucht. Hier ist die Kreativität des Händlers besonders gefordert.

 

Die hier vorgestellten Lösungsansätze zeigen, dass es durchaus Wege geben kann, dem stationären Handel in der Stadt eine weitere Existenz zu sichern. Gleichzeitig wurde deutlich, dass vor allem die Kreativität bei Umsetzungen und Weiterentwicklungen gefragt ist.

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